Mein Jahr als Bundesfreiwilligendienstler bei den Karlsruher Schachfreunden:

Lernte ich im vergangenen Jahr neue Menschen kennen, wurde ich oft gefragt, was ich denn gerade in meinem Leben mache …
Auf den ersten Blick ein Bundesfreiwilligendienst … Wurde ich aber spezifischer, wurde das Gespräch schnell interessanter, weil man den Satz „Ich bin gerade Schachtrainer und Organisator“ sehr selten hört und die breite Masse wenig mit Schach zu tun hat und man eher nicht an diese Art der Ausübung des Bundesfreiwilligendienstes denkt.
Ich verband Schach vor meinem Freiwilligendienst auch nicht unbedingt mit Schach, aber mit Jugendarbeit und Organisation auf jeden Fall. Und die Kombination aus beidem hat mir sehr gefallen.

Fangen wir mit den Aufgaben bei den Karlsruher Schachfreunden an, von denen es tatsächlich einige gab, weswegen ich erst einmal auf die Hauptpfeiler eingehe. Zu den großen Hauptaufgaben während des BFDs gehörte die Arbeit in den AGs und der Schulen in Karlsruhe und im Umkreis, das Vereinstraining unterschiedlicher Altersgruppen und der Erwachsenen am Donnerstag und vor allem die allgemeine organisatorische Arbeit rund um den Verein. Dazu gehörten hauptsächlich die Organisation von Events, das Planen des Unterrichts, die Wartung der Website und das Verschicken von Mails. Natürlich gab es noch mehr, aber das waren die wichtigsten Punkte meiner Arbeit. Als Plus kamen dann noch die Bildungstage hinzu, die jeder Bundesfreiwilligendienstler absolvieren muss, die man sich aber zum Großteil aussuchen darf, solange man alle 25 Bildungstage voll hat.

Wie kann man sich nun die AGs vorstellen?
Im Gegensatz zu Leonhard wurde ich nur Grundschulen zugewiesen. Leonhard ist ein starker Spieler mit einiger Erfahrung im Schach. Ich hingegen spiele seit ungefähr einem bis anderthalb Jahren Schach. Die Gemeinsamkeit zwischen den Grundschulen und den weiterführenden Schulen ist, dass beide im Breitensport einzuordnen sind. Es geht also eher darum, grundlegende Spielprinzipien zu lehren und Motivation zu entfachen. Der Unterschied zwischen den beiden Schularten ist, dass ältere Schüler im Durchschnitt schon wissen, was sie gerne tun und welche Hobbys sie haben. Die jüngeren Schüler der Grundschulen wissen das meistens noch nicht und haben das Interesse an Schach eher ihren Eltern zu verdanken, was nicht unbedingt schlimm ist. Es ist nämlich eine tolle Sache, seinen Kindern dabei an die Hand zu gehen, neue Erfahrungen zu sammeln und herauszufinden, welche Interessen sie haben. Meine Aufgabe in den AGs war es dadurch eher, zu motivieren und das Interesse an Schach zu stärken und nicht Schachtheorie bis zum Gehtnichtmehr in der Schule zu lehren. Die Kinder waren ja in der AG als Freizeitprogramm neben dem Unterricht. Somit war die Schach-AG eher ein Ort, um mit seinen Freunden Spaß zu haben. Den Kindern, welche neben der AG noch Interesse an Schach zeigten und die hungrig nach weiterem Schachwissen waren, empfahl ich dann den Leistungssport im Verein. Ein weiterer Unterschied im Alter der Kinder war die Aufmerksamkeitsspanne. Ich war verblüfft, dass es schon so große Unterschiede zwischen der ersten und der vierten Klasse gab. Still sitzen? Meistens unmöglich. Nicht unbedingt schlimm, aber schon mal auch sehr anstrengend. In den Seminaren, zu welchen ich gleich noch etwas sage, lernte ich, mit extremen Fällen umzugehen. Bewegung half, in Form von z. B. Schach-Yoga. Aber es war nicht möglich, eine Stunde oder länger mit Grundschülern Schach zu spielen, und ich finde, dass das auch nicht nötig ist, weil ab dem Punkt, ab dem Kinder kein Interesse an einer Sache haben und trotzdem gezwungen sind, das weiterzumachen, verlieren sie komplett Interesse an der Sache und sind dieser oft auch abgeneigt. Ja, es ist meine Aufgabe, die Kinder so lange wie möglich interessiert zu halten, aber da gibt es auch Grenzen. Deshalb bin ich dann am Ende von langen AGs oder am Ende von AGs mit vielen jüngeren Kindern raus auf den Schulhof gegangen. Mir hilft es auch manchmal, besser zu spielen, indem ich eine Pause vom Schach mache.

Beim Vereinstraining geht die Sache in eine etwas andere Richtung. Hier sind die Kinder schon von Anfang an motivierter und haben auch eine größere Schachbasis. Ich betreute die unterschiedlichsten Kinder. Montags hatte ich auch hauptsächlich Grundschüler und sogar Kindergartenkinder. Dienstags hatte ich ältere Kinder und Jugendliche, die sogar schon in der Ausbildung sind. Je nach Gruppe durfte ich die Thematik meines Schachunterrichts und auch die Struktur anpassen. Im Allgemeinen zeigte sich natürlich viel mehr Interesse als in den AGs. Leonhard betreute beim Vereinstraining die stärkeren Gruppen, die sehr ins Leistungstraining gehen, und ich die Gruppen, bei denen Leistungstraining auch schon eine Rolle spielt, aber Motivation schüren auch noch dazugehört. Das Tolle am Vereinstraining meinerseits war, dass ich diesmal wirklich gezwungen war, mich intensiv mit Schachtheorie auseinanderzusetzen. Ich bin in mein BFD-Jahr mit Interesse und ein wenig Können gestartet. Ich gehe davon aus, dass ich am Anfang eine Spielstärke von ungefähr 1000 DWZ hatte. Nachdem ich aber die Rolle des Lehrers eingenommen hatte, musste ich mich mit Schachtheorie viel intensiver auseinandersetzen als davor. Ich war nämlich nie in einem Verein und habe Schach nur durch meinen Opa gelernt. Zum Ende schätze ich meine Spielstärke auf etwas mehr als 1250 DWZ ein. Auch meine DWZ war ein großes Thema im Unterricht. Viele der Kinder profilieren sich mit ihrer Spielstärke, und sie dürfen auch stolz darauf sein. Schwierig für mich war es aber, meine Autorität beizubehalten, da manche der Rabauken das als Schwäche angesehen haben. Und hier habe ich meine Stärke gefunden. Ich finde, dass ich pädagogisch wertvoll für viele Kinder war, weil ich eine gewisse Autorität ausgestrahlt habe und dennoch nahbar war. Das Vereinstraining hat mir viel Spaß gemacht, manche Gruppen mehr, manche Gruppen weniger, aber rückblickend war es insgesamt eine tolle Erfahrung.

Ein spezieller Teil des Vereinstrainings war der Erwachsenen-Schachabend immer am ersten und dritten Donnerstag des Monats. Dieses Event war eine ruhigere Erfahrung im Vergleich zum Jugendtraining. Hier wurden längere Partien mit mehr Geduld gespielt. Die Partien waren dementsprechend auch tiefgründiger und komplexer, was mich ebenfalls freute, weil ich auch hier mein eigenes schachliches Können weiterentwickeln durfte, da ich immer gegen stärkere Spieler antrat.

Das anstrengendste Training mit Abstand war für mich das Zwergenschach, das ich ein paar Mal leitete. Keine Aufmerksamkeitsspanne, wenig Eigeninteresse und meine Angst, dass eines der Kinder, die im Kindergartenalter waren, eines der Muggelsteine essen würde. Dafür lohnte es sich umso mehr, wenn ein Kind endlich lernte, wie eine der Figuren zieht. Und bei dem Spaß, den die Kinder am Workshop hatten, wurde mir klar, wie toll es ist, ein Vorbild zu sein und das zu lehren, was einem selbst unglaublichen Spaß macht.

Nun ein Wörtchen zu den Bildungstagen. Dass Leonhard und ich am Anfang des BFDs zum Schulschachpatent in Ettlingen gingen, war ein guter Start ins BFD. Dort lernte ich erst mal die grundlegenden Methoden im Bereich Didaktik und Pädagogik. Auch beim Mädchenschachpatent und beim Schulschachkongress erfuhr ich viel Nützliches für die AGs und das Jugendtraining, wie z. B. das Schach-Yoga. Dann gab es da noch das Einführungsseminar in Hannover, bei dem ich die anderen BFDler der DSJ und des DSB kennenlernte. Ich verstand mich mit allen recht gut und hatte viel Spaß in Hannover und auch in Würzburg, wo das Abschlussseminar mit den gleichen Kandidaten stattgefunden hat. Beim Einführungsseminar wurden Julian, Leonhard und ich außerdem zu den Sprechern unseres gemeinsamen Trägers gewählt, um den Träger beim Deutschen-Sport-Bund-Sprecher:innentreffen zu vertreten. Dort hatte ich mit Abstand am meisten Spaß, weil ich mit vielen Leuten meines Alters Kontakt knüpfen durfte und ich mich auch für andere Sportarten sehr interessiere. Das schlechteste Seminar war leider das Seminar für politische Bildung, weil ich bis auf den ersten Tag krank war. Am Ende meines Jahres habe ich dann noch einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert, weil man den immer gebrauchen kann, und einen Erste-Hilfe-Kurs für Hunde auch, weil man den auch gebrauchen kann. Hört sich lustig an, und so war es auch.

Das Highlight meines BFDs war für mich die Schachfreizeit im Herbst. Es gab außerordentlich viel zu tun, aber dort lernte ich die meisten Kinder kennen. Wir unternahmen einige Aktivitäten. Zum Beispiel waren wir bouldern oder im Tierpark. Während der Freizeit war außerdem Halloween. Viele der Kinder verkleideten sich, und es wurden Unmengen Süßigkeiten eingefordert. Mich freute das, weil es mich an meine eigene Kindheit erinnerte.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass dieses Jahr nicht umsonst war und ich vieles gelernt habe. Falls ein KSF-Kind diesen Bericht liest, dann möchte ich dir unbedingt empfehlen, ein BFD beim KSF zu machen, weil du dort, wie ich, deine Leidenschaft mit persönlichem Wachstum verbinden darfst. Von Pädagogik bis Schachtheorie ist alles dabei, und du leistest einen wichtigen Teil der Gesellschaft.

Abschließend möchte ich mich noch einmal bei Kristin für die Geduld und für ihre Arbeit bedanken, weil mir hier bewusst wurde, was ein großer Bestandteil des Schachs hier im Verein, aber auch im Schach in Deutschland von ihr möglich gemacht wird.

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