2. Frauenbundesliga: Aufstiegschancen nach haarsträubendem Lokalderby intakt

Karlsruher SF 1853 – SK Freiburg-Zähringen 1887

Dramatischer Kampf lässt Hoffnungen auf Wiederaufstieg am Leben

2.FBL Süd · 19.2.2023 · Karlsruhe · © Stefan Haas

  Karlsruher SF    2054 3½ : 2½ SK FR-Zähringen 1887 1902
1 Lena Georgescu 2256 1 : 0 Dr. Silvia Paddock 2163
2 Jessica Schmidt 2173 1 : 0 Sarah Hund 2060
3 Veronika Kiefhaber 2055 ½ : ½ Barbara Hund 2085
4 Dr. Tatiana Rubina 2030 0 : 1 Johanna Ehmann 1855
5 Julia Scheynin 1972 1 : 0 Arinna Riegel 1727
6 Anna Juszczak 1835 0 : 1 Kiana Farhadayar 1524

Die Freiburgerinnen hatten uns bei der letzten Begegnung vor einem Jahr zu viert das Leben sehr schwer gemacht. Heute traten Sie in ihrer „normalen“ Aufstellung an, d.h. mit den bekannten drei starken und erfahrenen Spielerinnen vorne, ergänzt durch drei junge Spielerinnen hinten. Aufgrund der DWZ-Unterschiede hätte ich viel darauf gewettet, dass wir die Sache an den hinteren Brettern regeln würden; keiner konnte ahnen, was heute passieren sollte. Durch ihren Misserfolg bei der ersten Doppelrunde in Mainz waren unsere Gäste bereits in großer Abstiegsgefahr und mussten zu allem Überfluss dann auch noch die Anfahrt wegen eines Zugausfalls im Taxi bewältigen.

Die Partien verliefen zwar zunächst verhalten, doch schon nach einer Stunde begann der Kampf sich zu unseren Ungunsten zu neigen. Anna war in einen „doppelten Bauerntritt“ geraten und hatte durch eine Gabel eine Figur eingebüßt; sie wehrte sich danach zwar noch lange, aber erfolglos. Das 0:1 ereilte uns jedoch überraschend am Brett von Tatiana; sie hatte ihre Gegnerin bereits überspielt und hätte im 34. Zug durch ein Damenopfer ihren Vorteil erheblich vergrößern können; stattdessen lief sie in eine Bauerngabel und verlor eine Figur. Ab diesem Zeitpunkt traute ich mich kaum noch in den Saal, weil ich befürchtete, was ich auf den Brettern sehen könnte, und verließ mich auf die Nachrichten, die Jessicas Töchter nach draußen brachten. Das ging von „Warum gucken immer alle beim Spielen so bös?“ über „Mama schaut sehr ernst“ bis zu „Mama hat einen Bauern mehr und einen Turm für einen Springer, sie wird sicher gewinnen“. Ich war erstaunt, was die so alles sehen… Tatsächlich hatte Sarah einen Einschlag auf g2 mit vermutlichem Remis-Angriff ausgelassen, einen Bauern verloren und dann die Qualität hinterhergeworfen; das Ende war kurios, als Jessica im 29. Zug nicht das Beste fand und postwendend mit einer eingestellten Figur beschenkt wurde, also 1:1. Lena hatte derweil eine ungewöhnliche Verteidigung gewählt (3…g6 gegen Spanisch), doch schon nach 12 Zügen war ihre Stellung etwas angenehmer, und sie verbesserte sich kontinuierlich. Mit ihren Angriffsbemühungen überzog die Gegnerin ihre Stellung, und nach gut 30 Zügen besaß Lena drei Bauern für die geopferte Qualität, musste aber den Qualitätsrückgewinn nur mit einem Bauern bezahlen. Den Rest erledigte sie technisch sauber, wobei sie den gegnerischen Springer umzingelte und gefangen nahm. Nach der zwischenzeitlichen Aufgabe Annas stand es nun 2:2. Ein weiteres Drama ereignete sich bei Veronika. Als sie sich gerade etwas Vorteil am Damenflügel herausgespielt hatte, eröffnete ihre Gegnerin einen rabiaten Angriff am  Königsflügel; Veronika konterte jedoch mit einem Springeropfer auf e5 und erreichte in der Folge eine klare Gewinnstellung, vergriff sich dann aber an einem Läufer und ließ sich einen Turm herausneppen; glücklicherweise behielt sie in dieser schwierigen Situation die Nerven, konnte nach dem Abtausch der Damen und eines Turmpaares mit einem starken Freibauern ausreichende Kompensation für die Qualität nachweisen und das Remis retten. Das war der Moment, in dem Julia zur Höchstform auflief. Da sich inzwischen ein Kantersieg der Stuttgarterinnen – die zudem das etwas leichtere Restprogramm vor sich haben – abzeichnete, hätte uns vermutlich selbst ein 3:3 alle Aufstiegschancen gekostet. In einer schwerblütigen Partie hatte sie durch geduldiges Manövrieren ihre Gegnerin zur Vertripelung der Schwerfiguren auf der a-Linie verlockt, was sich aber als eine gänzlich fruchtlose Demonstration herausstellte. Durch den verfehlten Versuch eines doppelten Turmtausches auf a8 erhielt Julia dann auch noch einen Bauern geschenkt. Gerade noch friedlich hin-und-her-lavierend, ist sie in solchen technischen Situationen plötzlich gnadenlos: Ein freigewordener Bauer stürmt sofort nach vorne, der König eilt hinterher und macht weitere Beute unter der gegnerischen Landbevölkerung. Eine beeindruckende Energieleistung, und eine große Erleichterung, als wir mit dem gerade hereingekommenen erfolgreichen Pokalteam aus dem Vorraum durch die Glastür schauend plötzlich ein Lächeln auf den Gesichtern unserer Spielerinnen sich ausbreiten sahen. Der inzwischen fast verloren geglaubte Kampf war gedreht worden, und unsere Aufstiegshoffnungen werden endlich realer…

In drei Wochen spielen wir in Freiburg gegen Regensburg und Nürnberg. Da die Stuttgarterinnen uns inzwischen einen Brettpunkt voraus sind, wird der Aufstieg über die Mannschaftspunkte entschieden, und wir können es mit zwei Siegen schaffen.

Unserer Reisepartnerinnen können den Klassenerhalt mit drei Mannschaftspunkten aus der abschließenden Heimspiel-Doppelrunde sichern.

Hier die Ergebnisse der 5. Runde:


5. Spieltag
19.2.2023        
In Regensburg: SC Bavaria Regensburg 1881 2 : 4 SC Noris Tarrasch Nürnberg
In Mainz: TSV Schott Mainz : SK 1980 Gernsheim
In Karlsruhe: Karlsruher SF 1853 : SK Freiburg-Zähringen 1887
In Stuttgart: SV Stuttgart-Wolfbusch :   ½ SG Augsburg 1873

 

Pl. 2. Frauenbundesliga Süd 1 2 3 4 5 6 7 8 M.P. B.P. B.W.
1. Karlsruher SF 1853 3   9-1 19 65½
2. SV Stuttgart-Wolfbusch 3 4 3   8-2 20 70½
3. SC Bavaria Regensburg 1881 5 2   6-4 16½ 58½
4. SK 1980 Gernsheim 1 3   5-5 13½ 50
5. SC Noris Tarrasch Nürnberg 2 4 3 1   5-5 13½ 38½
6. SG Augsburg 1873   ½ 5 3   3-7 13½ 48½
7. SK Freiburg-Zähringen 1887 3 3   2-8 13½ 47½
8. TSV Schott Mainz   2-8 10½ 41